ECC83 und ECC803S

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v/d/b
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ECC83 und ECC803S

#1 Beitrag von v/d/b » 26.12.2013, 10:45

Moin zusammen,
in der Diskussion zu meinem geplanten Vorverstärker schrieb Heinrich:
henry2 hat geschrieben: Aber nun zunächst zum Phono Pre:

Für mich müsste ein solcher folgende Voraussetzungen erfüllen:

2. Verwendung von Spanngitterröhren, da sie weniger mikrofonieempfindlich und rauschärmer sind als die "üblichen" HF- bzw. NF-Trioden, wie z.B. ECC81,82,83.
Nicht dass ich beim Thema Vorverstärker schon konkret weiter wäre oder auch nur einen Plan hätte, welche Schaltung mit welchen Röhren ich verwenden werde - schließlich ist ja Weihnachten :wink: - aber ich habe beim Stöbern im Internet ein paar Informationen zur ECC83 gefunden, die den einen oder anderen vielleicht interessieren könnten.
Zumal diese Röhre auch in einigen Braun Geräten Verwendung findet.

Durchforstet man das Internet zum Thema "NF-Kleinsignalröhren" und "Spanngitterröhren", kommt man sehr schnelle auf die ECC803S von Telefunken.
Offensichtlich ist es so, dass sich diese Variante der ECC83, die in der von Heinrich ins Spiel gebrachten Spanngittertechnik hergestellt ist, innerhalb der Röhrenfraktion großer Beliebtheit erfreut.
Bei ebay gehen diese Röhren, als Neuware aus altem Lagerbestand, mit schöner Regelmäßigkeit für Preise von >400,-€ weg :shock:

Da ich bei meinen bisherigen Röhren Projekten eigentlich immer auf Röhren von JJ gesetzt habe, hatte ich in Erinnerung, dass auch dieser Hersteller eine Röhre mit der Bezeichnung ECC803S im Programm hat.

JJ hat ja die Herstellung von NF-Röhren von Tesla übernommen, die wiederum Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts Teile der Fertigungsanlagen von Telefunken erworben hatten.

Schaut man sich nun die ECC803S von JJ an, stellt man schon rein optisch fest, dass sie anders aufgebaut ist als die Röhre mit gleicher Bezeichnung von Telefunken. Sie weist ein deutlich längeres Anodenblech auf.
Nach weitere Recherche zeigt sich dann, dass sie mit einem konventionellen Gitter gefertigt wird.
Das war also erst mal nichts.

Aber JJ hat auch eine ECC83S im Angebot. Und die ist dann tatsächlich eine Spanngitterröhre :D
Wer etwas mehr Geld anlegen will, kann zur "Gold Pin" Variante greifen. Sie hat einerseits, wie schon die Namensgebung vermuten lässt, vergoldete Anschlussstifte und ist andererseits auf engere Toleranzen zwischen den beiden Systemen selektiert.

Ob diese Röhre eventuell sogar auf den gleichen Maschinen hergestellt werden, die seinerzeit von Telefunken an Tesla gegangen sind, entzieht sich meiner Kenntnis.
Jedoch erscheint es sehr wahrscheinlich, denn bei den heute gefertigten, vergleichsweise geringen Stückzahlen, dürfte sich der Neuaufbau einer Fertigungsstraße für die aufwändige Spanngittertechnik wohl kaum lohnen.
Ebenso ist mir unklar, warum JJ bei der Bezeichnung der Röhren diese Verwirrung stiftet.

Jedenfalls scheinen mir diese Röhren einen schöne Alternative zu sein, wenn man z.B. einen CSV13 restaurieren möchte.

Viele Grüße und noch einen schönen Feiertag
Thomas

andreas schnadt
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ECC 83

#2 Beitrag von andreas schnadt » 26.12.2013, 11:13

Moin Thomas,
habe meine Röhren für den CSV 13 bei musikerkram bestellt, sehr empfehlenswert !
Grüße Andreas
Sorry, sollte ne pn werden!
Viel Freude beim Hören !

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Jens
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#3 Beitrag von Jens » 27.12.2013, 00:33

Hallo Thomas,
Ich kann Deine Überlegungen bezüglich JJ und der ECC83 S bestätigen. In meinem CSV60/1 habe ich vor drei Wochen meine ca. 25 Dienstjahre alten Telefunken (ECC83) gegen die JJ Spanngitterröhren ausgetauscht und bin von der Klangqualität und Rauscharmut sehr angetan. Ich habe allerdings die "normalen" ohne vergoldete Pins erworben.
Gruß, Jens
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henry2
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#4 Beitrag von henry2 » 27.12.2013, 17:43

Hallo Thomas,

von der Existenz der ECC83S von JJ in Spanngittertechnik wusste ich bislang noch nichts. Also habe ich selbst ein wenig recherchiert, zumal mich solche Themen sowieso interessieren. Die ECC83S soll angeblich baugleich mit der heute kaum mehr erhältlichen ECC803S von Telefunken sein und mit den selben Werkzeugen hergestellt werden. Allerdings mit deutlich reduzierten Selektionsvorgaben und Lebensdauergarantie; diese orientieren sich in der Normalversion am Standard. Dennoch ist sie sicherlich der bessere Ersatz für eine herkömmliche ECC83; hinzu kommt, dass die ECC83S zu einem sehr moderaten Preis angeboten wird. Für ein paar Dollar mehr werden aber auch ECC83S "gold pin" angeboten, die selektiert wurden und mit vergoldeten Sockelstiften versehen sind. Du hattest das ja bereits auch schon beschrieben.

Durch die absolute Kompatibilität aller Daten, Kennlinien und Sockelbeschaltung mit der ECC83 lassen sich jedoch - außer der erheblich niedrigeren Mikrofonieempfindlichkeit gegenüber dieser - nicht mehr alle Vorzüge der Spanngittertechnologie nutzen. Die durch diese Technologie geschaffene Möglichkeit, das Steuergitter mit sehr geringem Abstand zur Kathode anzuordnen, um auch eine höhere Steilheit und bestmögliche Rauscharmut zu erzielen, konnte nicht genutzt werden, da Steilheit, Durchgriff und Innenwiderstand der ECC803S (nun der ECC83S) identisch mit der ECC83 sein musste.

Für jemanden, der ein vorhandenes Verstärkerkonzept, ein fertiges Platinenlayout oder gar einen fertigen (Vor-)Verstärker mit ECC83-Bestückung besitzt, ist es bestimmt eine Empfehlung, die ECC83S von JJ anstelle einer ECC83 einzusetzen.

Wenn ich mir hingegen einen Vorverstärker komplett neu aufbauen wollte, so würde ich darin keine Röhre einsetzen, die zwar in einer fortgeschrittenen Technologie gefertigt wurde, diese aber auf Kosten der Kompatibilität mit einer zwar weit verbreiteten, aber "alten" Röhre nicht voll ausschöpft. Ich bliebe daher bei meinen vorherigen Überlegungen (im CVV11-thread) und würde dort die E88CC verwenden.

Neben der auch mit der ECC83S erzielbaren guten Unempfindlichkeit gegen Mikrofonie bietet die E88CC eine noch höhere Rauscharmut, eine größere Steilheit und eine Abschirmung zwischen den beiden Triodensystemen. Da sie außerdem einen deutlich geringeren Innenwiderstand als die ECC83S aufweist, passt sie doch eher zu dem etwas niederohmigeren Schaltungskonzept, das ich Dir u.a. auch wegen seiner geringeren Empfindlichkeit gegenüber kapazitiv und/oder induktiv eingekoppelten Störeinflüssen empfahl.

Warum ich die Steilheit erwähne? Sie ist zwar nicht unbedingt ein Qualitätskriterium, aber ich habe nach mehreren Vergleichen die Erfahrung gemacht, dass (natürlich bei gleicher Arbeitspunkteinstellung, aber ansonsten identischer Beschaltung) steilere Röhren lebendiger, dynamischer klingen als Röhren, die eine geringere Steilheit aufweisen.

Es würde mich freuen, wenn Dir meine Gedanken etwas zur Entscheidungsfindung bei Deinem Projekt beitragen könnten. Gesetzt den Fall, ich hätte selbst eine solche Baustelle in der Warteschleife, würde ich es bestimmt so angehen.

Viele Grüße

Heinrich

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#5 Beitrag von Jens » 27.12.2013, 19:20

Hallo Thomas,
Ich vermute das Du diesen Link kennst: Tfk ECC803S / Tesla E83CC Spanngitterröhre. Ein interssanter Bericht, der von Telefunken bis JJ reicht. Die Rahmendaten stimmen mit Deiner Einschätzung überein.
Gruß, Jens
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#6 Beitrag von andreas schnadt » 27.12.2013, 22:41

Hallo Jens,
danke für diesen hochinteressanten Link, habe ich mit Interesse gelesen !
Andreas
Viel Freude beim Hören !

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#7 Beitrag von tomjorg » 28.12.2013, 00:13

Stimmt, hochinteressant und Thomas´ Vermutung hinsichtlich derselben Produktionsanlage wurde auch bestätigt.

Grüße

Thomas
Suche: Innendekoration (Stiftablage etc.) für VITSOE Rollcontainer Korpusprogramm 710 und die Aluschalen für Vitsoe Schreibtische bzw. Doppeltablare. Eventuell auch Tausch gegen diese schrägen Alu-Blattabteiler in den Schubladen.

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#8 Beitrag von v/d/b » 28.12.2013, 10:22

Moin Jens,
Jens hat geschrieben:Hallo Thomas,
Ich vermute das Du diesen Link kennst:
Nein, den kannte ich nicht, leider.
Dann hätte ich mir einiges an Rumgesuche in englischsprachigen Foren und die feiertägliche Schreiberei hier sparen können.

Ich finde die Seite aber ausgesprochen lesenswert, denn dort findet sich dann ja doch sehr viel mehr an Informationen, als das was ich geschrieben habe.
Z.B. Infos zur Produktion der Spanngitterröhren.

@Heinrich:
Herzlichen Dank für Deine Ergänzungen. Das Spanngitter nicht gleich Spanngitter ist, was mit vorher so nicht klar.

Viele Grüße
Thomas

andreas schnadt
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#9 Beitrag von andreas schnadt » 28.12.2013, 11:35

Hallo Jens,
als Konsequenz aus dem oben gelesenen habe ich jetzt 6 gematchte ECC83S mit Goldpins bei musikerkram bestellt!
Grüße Andreas
Viel Freude beim Hören !

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#10 Beitrag von Jens » 28.12.2013, 21:28

Hallo Thomas,
Du hattest immerhin in allen Punkten richtig gelegen. Die Story der Spanngitterröhren und Ihre Abwanderung in die Tschechische Republik ist spannend (auch Heinrichs Ergänzungen).

Halle Andreas,
lass von Dir hören wenn Du die selektierten mit den Goldpins in Deinen CSV13 eingesetzt hast. Dort machen Sie deutlich mehr Sinn (4+2 ) als in meinem CSV60/1.
Gruß, Jens
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