bin vor einigen Tagen "fremdgegangen" ...

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fnerstheimer
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bin vor einigen Tagen "fremdgegangen" ...

#1 Beitrag von fnerstheimer » 20.09.2012, 12:13

... und habe mir dieses Gerät hier zugelegt:

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Die Truhe hat ein paar Besonderheiten - das eine ist die Gegentaktendstufe mit zwei EL84 und 15 Watt Sprechleistung, was diese Truhen aber zu echten Raritäten macht, ist der Plattenspieler - ein PE Rex A mit magnetischem Tonabnehmer, und im Rundfunkchassis integriertem Röhrenentzerrer. Das System ist ein PE7000, und angeblich von ELAC zugekauft.

Seit mindestens zehn Jahren suche ich schon so ein PE HiFi-Laufwerk, noch lieber wäre mir ein älteres Rex Sonderklasse Laufwerk gewesen, das den Entzerrer im Plattenspielerchassis eingebaut hatte. Meine absolute Traumtruhe ist in diesem Zusammenhang die 9010 von 1952 - leider überhaupt nicht mehr zu bekommen, die 9080 in diesem Zustand war schon ein absoluter Glücksfall.

Mich würde mal interessieren, ob es hier im Braun Forum noch Leute gibt, die sich auch für solche Schätzchen begeistern können, und mit denen man Restaurierungserfahrungen austauschen kann.

Gruß Frank
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FLHX
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#2 Beitrag von FLHX » 21.09.2012, 11:18

Hallo Frank,

Du bist nicht alleine mit Deinem Interesse an "frühen Schätzchen" ich hab' ein paar frühe "UKW-Spitzensuper" von Grundig, Siemens, AEG & Telefunken, die Röhrentechnologie zieht mich stärker an als die späteren Technologien, zudem fallen mir Reparaturen leichter. In letzter Zeit hat nochmal ein "Shift" Richtung 1930er Jahre eingesetzt, da habe ich ein schönes, großes Siemens-Gerät mit elektrodynamischen Lautsprechern, das ich allerdings nur selten zum Radiohören, aber viel häufiger zur Wiedergabe von digitalen Konserven über den TA-Eingang nutze. Bestimmtes Design der 1930er Jahre (z.B. Telefunken 686WK oder T7001) finde ich reizvoll, das gilt z.B. auch für den AEG 70WU von 1950, später wird es mir dann, abgesehen von Braun, zu "verspielt" und "wirtschaftswundermiefig".

Aus dem DRF habe ich mich verabschiedet, weil mir dort zu viel "Gesinnung" unterwegs ist, mit den Verharmlosungen & Verklärungen, die dort betrieben werden, kann ich nichts anfangen, da fühle ich mich hier viel, viel besser aufgehoben, ist aber bei dem Sujet "Braun" auch nicht verwunderlich...

Restaurationstechnisch setzte ich meist auf möglichst guten Originalzustand des zu erwerbenden Radios, die Gehäuse sollten ohne Neulackierung aufzuarbeiten sein, elektronisch versuche ich, den Originalzustand so gut es geht zu halten, wenn Teiletausch, dann nur gegen Markenware, z.B. Fischer & Tausche, ich gebe zu, auch schon originale Kondensatoren oder Selen-Gleichrichter, die messtechnisch noch in Ordnung waren, aus Ersatzchassis in das zu restaurierende Gerät getauscht zu haben, um es nahe am Entstehungszustand zu halten, will das aber nicht diskutieren, habe mich ausführlich mit dem "Für & Wider" auseinandergesetzt. Du siehst, ich bin kein "richtiger Hardcorerestaurierer". Ein, zwei Radios, die ich unberührt bekommen habe, bleiben auch so, z.B. ein Telefunken 686WK, völlig unberührt, mit Haube und allen Papieren, der muss nicht mehr spielen, bleibt so, wie er ist, obwohl ich grundsätzlich den Anspruch habe, die volle Funktionalität wieder herzustellen.

Herzliche Grüße

Michael

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Rainer Hebermehl
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#3 Beitrag von Rainer Hebermehl » 21.09.2012, 12:55

Hallo Frank,

so bomfortionös kann ich nicht mithalten. Ich habe nur eine Graetz Moderato. Ebenfalls mit PE Rex aber ohne A. Und auch schon Stereo aber mit jeweils einer EL 84. Die Schiebescheibe habe ich zum Fotografieren ausgehängt, sie ist leider nicht original aus Glas sondern Ersatz aus Plexi.

Aber das Radio geht wie der Teufel, ein Sahnestückchen. Den Spieler muß ich gelegentlich ausbauen und überholen, dürfte verharzt sein.

Grüße
Rainer
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#4 Beitrag von fnerstheimer » 21.09.2012, 17:06

vor langer Zeit war ich mal Typenreferent für Graetz Nachkrieg in der GFGF, und hatte eine sehr umfangreiche Sammlung an Geräten und Papieren. Ich habe die Sammlung vor etwa zehn Jahren an einen Herrn in Erfurt weitergegeben, nachdem mir überraschend die Räume abhanden gekommen sind, und trotz regionalem Bezug kein Museum Interesse hatte.

Der Rex in der Moderato ist die letzte Evolutionsstufe des Rex A, erkennbar an dem Stützarm für den Plattenstapel. Die älteren Modelle hatten hier eine Art Glocke, die lose auf den Plattenstapel aufgelegt wurde. Auch das System mit dem Wendeknebel ist erst ganz am Ende Standard gewesen, davor saß der Umschalter an der Seite.

Das Schicksal von PE ist selbst für Spezis nicht so ganz nachvollziehbar. In den Fünfzigern war PE bei Plattenspielern Weltspitze. Als das klassische Rex-Laufwerk Ende der Fünfziger durch einen völlig neuen Nachfolger abgelöst wurde, war es mit dem Erfolg schlagartig vorbei, und PE wurde innerhalb von wenigen Jahren von Dual überholt. Zehn Jahre später war PE dann nur noch eine Handelsmarke, die von Dual aufrecht gehalten wurde, um alte OEM-Verträge weiter bedienen zu können. Zu den Sonderklasse-Laufwerken der fünfziger Jahre hatte aber zumindest europaweit höchstens noch ELAC ernsthafte Alternativen im Angebot. Es gab sogar ein voll manuelles Laufwerk mit einem von B&O zugekauften Ultraleicht-Tonarm, bei dem der Abtaster starke Ähnlichkeiten mit den ULM-Systemen von Dual / Ortofon hatte. Und das Mitte der fünfziger Jahre, wohlgemerkt.

Ach ja, bei dem Laufwerk sind fast immer die kleinen Riemchen ausgeleiert oder zerbröselt, die die einzelnen Zwischenrollen antreiben. Erkennbar ist das meist daran, dass der Plattenspieler auf einzelnen Geschwindigkeiten noch läuft, und auf anderen leiert oder still steht. Die Riemen werden mittlerweile nachgefertigt und in der Bucht verkauft. Ansonsten ist der alte Rex eigentlich unzerstörbar, und lange nicht so zickig wie die Dual-Laufwerke aus der Zeit.

Gruß Frank
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nochmal hochholen das Ding ...

#5 Beitrag von fnerstheimer » 27.12.2012, 00:12

... pünktlich zum Weihnachtsfest hat sich nach über zehn Jahren Suche völlig überraschend doch noch mein Sammlertraum erfüllt - mit der Musiktruhe Grundig 9010:

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Ich wollte doch keine Röhrengeräte mehr haben, und jetzt sind es schon zwei von den Trümmern. Zur Zeit räume ich gerade das Zimmer leer, wo die beiden Truhen später stehen sollen, weil sie hintereinander stehend im Flur nicht gerade einen dekorativen Anblick bieten.

Die 9010 ist aus zwei Gründen etwas besonderes - einmal besitzt das Radio einen Verstärkerteil mit zwei Endröhren EL12/375 und 375 Volt Anodenspannung. Lt. Katalog soll der Verstärker 25 Watt Nennleistung haben, die an sechs Lautsprecher abgegeben werden. So was Fettes hat es meines Wissens in der Röhrenradio-Ära nie wieder gegeben, zumindest nicht in Deutschland.
Die zweite Besonderheit ist der Plattenspieler. Die Firma Elac hat Anfang der Fünfziger Jahre den Tonabnehmer mit dem bewegten Magneten entwickelt. Die ersten Geräte, in denen diese Systeme in nennenswerten Stückzahlen eingebaut wurden, waren aber die Sonderklasse-Varianten von Perpetuum Ebner. Die 9010 hat so einen Sonderklasse-Plattenspieler eingebaut. Der Entzerrer Vorverstärker für das Magnetsystem ist in den Plattenspieler integriert, wer die normalen Rex Plattenwechsler kennt, dem wird auffallen, dass es einige Knöpfe mehr gibt - einen Ein- Aus- Schalter mit Lautstärkeregler, sowie einen Bass- und einen Höhenregler. Leider ist bei meiner Truhe der Tonarm nicht mehr original, Ersatz kommt aber Anfang 2013.

Die 9010 zeigt noch deutlicher als die 9080, dass das Thema HiFi schon deutlich älter ist, als es die HiFi-Chronisten Glauben machen wollen. Die 9010 ist 1952 auf den Markt gekommen, der erste Sonderklasse Plattenspieler von PE 1951. In einem Zeitungsartikel von 1952 über diese Plattenspieler wurde sinngemäß geschrieben, dass die Leute bei Vorführungen glaubten, die Musik käme vom UKW-Radio und nicht von der Platte. Die Vorführer haben dann absichtlich den Plattenspieler mit dem Finger zum Leiern gebracht, um den Zuhörern zu zeigen, dass tatsächlich der Plattenspieler spielte.

Ich bin auf jeden Fall fest entschlossen, beide Geräte wieder voll funktionstüchtig zu bekommen, um mir selber einen Eindruck verschaffen zu können. Das PE Standardlaufwerk der Fünfziger Jahre nimmt schon die Antriebsart vorweg, die später z.B. im PS500 zu finden ist, die Kombination aus Riemen und Reibrad. Dies ist auch der Grund, warum die "Rexe" von PE so viel besser spielen als alles, was sonst so an Plattenspielern in den Fünfzigern in Deutschland rumlief. Ich finde es einfach unheimlich schade, dass PE und auch Elac bei den HiFi-Historikern kaum in Erinnerung geblieben sind, obwohl sie echte Pionierarbeit geleistet haben.

Auch Grundig ist so eine Firma, die eher mit Omas Küchenradio in Verbindung gebracht wird, als mit Pionierleistungen im Audio-Bereich. Hier ist es auch noch interessant, einen Blick auf das Tonbandgerät zu werfen. Die erste Variante dieses Tonbandgerätes kam 1951 auf den Markt, und hatte schon einen Standard, der im Heimbereich von den anderen erst einige Jahre später geschafft wurde. Selbst der Tonband-Papst Studer hatte Anfang der Fünfziger noch nichts adäquates für den Heimbereich zu bieten, schon gar nicht zu dem Preis, das Grundig Tonbandgerät kostete 1952 in der Einbauvariante keine 600 DM.

So, jetzt genug gequatscht über ein Fremdprodukt - ich hoffe, es interessiert den einen oder anderen ;) .

Gruß Frank
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#6 Beitrag von tomjorg » 27.12.2012, 08:52

Hallo Frank,

also mich hat das durchaus interessiert, auch wenn es nicht meine Baustelle ist und ich mich bestimmt auch nicht in diesem Bereich engagieren werde! Diese alten Schätze sind einfach zu groß, noch "schlimmer" als Fernsehgeräte - umso schöner, daß es Leute gibt, die sowas sammeln und erhalten! Ebenso interessant, wie die, für damalige Verhältnisse moderne Technik, finde ich den Ideenreichtum und die handwerkliche Qualität der, um die Geräte herumgebauten, Möbel!

Viel Freude damit

Thomas
Suche: Innendekoration (Stiftablage etc.) für VITSOE Rollcontainer Korpusprogramm 710 und die Aluschalen für Vitsoe Schreibtische bzw. Doppeltablare. Eventuell auch Tausch gegen diese schrägen Alu-Blattabteiler in den Schubladen.

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#7 Beitrag von Rainer Hebermehl » 27.12.2012, 09:21

Hallo Frank,

Herzlichen Glückwunsch ! ! !.

Zum Glück habe ich keinen Platz mehr für diese SChätzchen. Die kleine Graetztruhe ist das äußerste, was ich noch unterbringen konnte. Sonst wäre ich wahrscheinlich schon neidisch.

Ich gönne dir deine Truhen von Herzen.

Zu ELAC : Wie war noch die Radio Luxemburg Werbung von Camillo ?
E wie Elvis, L wie Luxemburg, A wie Anka und C wie Camillo ( auf 49m )

Viel Vergnügen mit deinen Schätzen !

Rainer
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#8 Beitrag von wetterauer » 27.12.2012, 09:35

Viel Spass mit dem Schätzchen. Die Optik dieser Musikschränke hat was.
Viele Grüße
Andreas

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#9 Beitrag von andreas schnadt » 27.12.2012, 22:32

Hallo Frank,
Gratuliere zu Deiner Neuerwerbung! Schön, daß Du noch ein Zimmer zum Leerräumen hast für die Truhe. Deine eindrucksvolle physische Erscheinung ist mir vom letzten Treffen ja noch geläufig, aber für dieses Teil brauchst Du doch schon ein Umzugsunternehmen. Und wie viele Truhen passen noch in das Zimmer?
Gruß Andreas :D
Viel Freude beim Hören !

Dirk63
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#10 Beitrag von Dirk63 » 28.12.2012, 02:04

Hallo Frank,

ganz unabhängig, ob das jetzt etwas mit BrAun zu tun hat, finde ich persönlich es toll, wenn es a) Leute gibt, die sich damit heute noch so detailliert auskennen, wie Du,
und b) auch noch in der Lage sind solche technische Sammlerstücke möglichst originalgetreu am Leben zu halten.

Respekt!!! Ich habe zwar meine ersten Schwarz-Weiß-Fernseher auch noch selber geprüft - vorwiegend optisch, und das ausgetauscht, was ich für richtig gehalten habe. Heute habe ich allerdings einen gehörigen Respekt vor den höheren Betriebsspannungen der Röhrengeräte. Deshalb verfolge ich - zumindest momentan - diesen Zweig nicht aktiv weiter. Ich habe allerdings auch ein Röhrenradio mit (Dual)-Plattenwechsler, das bis heute noch toll spielt.

Grüße Dirk

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#11 Beitrag von fnerstheimer » 28.12.2012, 13:18

hallo Dirk,

wenn es nur die Angst vor den hohen Spannungen ist, kann ich Dich nur ermutigen - so lange Du nicht an Allstromgeräten bastelst, und die Weisheit befolgst, immer nur mit einer Hand in ein eingeschaltetes Gerät zu fassen, kann Dir kaum was passieren. Fernseher sind grundsätzlich viel gefährlicher, weil sie in der Regel keine eingebaute Netztrennung haben, und die Spannungen noch um ein mehrfaches höher sind.

Immerhin gibt es ja auch von Braun wirklich interessante Röhrengeräte, den Spass sollte man sich nur aus Angst vor der Technik nicht entgehen lassen.

Nur Mut ;) .

Gruss Frank
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noch ein unerwarteter Neuzugang

#12 Beitrag von fnerstheimer » 06.03.2013, 11:38

hallo,

bei der Suche nach einem Tonabnehmer für die Grundig 9010 habe ich herausgefunden, dass der wahrscheinlich größte Abnehmer der Systeme die Firma Schaub Lorenz war, die sie in ihre Drahtton-/Plattenspielerkombinationen eingebaut hat. Also habe ich auch danach geforscht, und bei dhd24 eine Anzeige gefunden, wo dieses Gerät hier ohne Foto für 25 Euro an Selbstabholer angeboten wurde, 30km von unserem Wohnort entfernt:

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Ich vermutete einen Fake hinter der Anzeige, habe aber trotzdem eine Mail hingeschickt, und dann zwei Monate nichts mehr davon gehört. Dann kam am Sonntag ein Anruf, wenn ich das Gerät noch haben will, muss ich es am Montag um 15.00 abholen. Vorher geht nicht, weil keiner da ist, danach geht auch nicht, weil dann die Garage geräumt sein muss. Das Ding wäre also tatsächlich in den Container gewandert. Ein Handy für Rückrufe hatte der Anbieter nicht, alles war sehr suspekt.

Ich habe dann meine Termine umgestellt und bin einfach mal hingefahren. Es wunderte mich auch gar nicht, dass die Hausnummer nicht existierte, irgendwie hatte ich eh das Gefühl, da sitzt jemand im Busch und lacht sich kaputt. Mit Hilfe eines Anwohners fand ich dann doch noch die Stichstraße, wo das Haus und die Garage standen, und alles war wirklich wahr. Das Haus musste an dem Tag geräumt sein, der Besitzer hatte seine Sachen total unglücklich inseriert, und war am Ende so weit, dass er alles in den Container geworfen hat. Ich hatte für 25 Euro einen Schrotthaufen vermutet ( selbst für den wären 25 Euro zu bilig gewesen ), und staunte nicht schlecht, was für ein Gerät zum Vorschein kam ( siehe Foto ). Das Gerät hat ein paar Standschäden, ist aber ansonsten ohne Restaurierung wohnzimmertauglich, und es ist nichts kaputt, was man nicht mit Standardteilen reparieren kann.

Für den, der das Gerät nicht kennt - es ist ein Schaub Supraphon von 1951. Das Laufwerk oben ist eine Kombination aus Schellack Plattenspieler und Drahttongerät zum Aufnehmen und Wiedergeben. Das Glubschauge links neben dem Laufwerk ist der Aussteuerungsregler kombiniert mit dem magischen Auge als Aussteuerungsanzeige. Unten ist die rechte tastaturhälfte die Radiotastatur, mit der linken Hälfte steuert man das Laufwerk. Das Radio wurde standardmäßig noch ohne UKW ausgeliefert, in meinem Exemplar ist der UKW-Tuner nachgerüstet. Der Tonarm ist von Siemens und geht auf eine Telefunken Entwicklung aus dern dreissiger Jahren zurück - überhaupt sieht das ganze Gerät von innen nicht wie ein normales Röhrenradio aus, sondern eher wie ein Militärfunkgerät aus den vierziger Jahren. In den kleinen Plastikdosen, die neben dem Laufwerk liegen, befinden sich die Drahtspulen, eine Spule reicht für etwa eines Stunde Laufzeit.

Hier ist ein nettes Video von einem späteren Modell, auf dem man sehen kann, wie das Ganze funktioniert ( das Gerät in dem Youtube Video hat auch den Tonarm, den ich eigentlich gesucht habe ):

http://www.youtube.com/watch?v=fLwTdrB6nes

Hier ist unten schon ein normales Radioteil eingebaut, und die Schaltereinheit für das Laufwerk wurde nach oben verlegt.

Ich bin immer noch ganz erschüttert darüber, dass solche Geräte im Jahr 2013 noch in den Container wandern.

Gruß Frank
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#13 Beitrag von Rainer Hebermehl » 06.03.2013, 12:03

Hallo Frank, das stinkt mir gewaltig, da bin ich ganz grün vor Neid !

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUR RARITÄT

Fast wie ein Sechser im Lotto, ich krieg mich nicht wieder ein.

Herzlichen GRuß
Rainer
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#14 Beitrag von eleflo » 06.03.2013, 18:18

Boah, was für eine Story und was für ein Glück :shock:
Gruß Flo

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#15 Beitrag von v/d/b » 06.03.2013, 18:36

Moin Frank,
das ist ja normalerweise nicht meine Gerätegeneration, aber ich muss sagen, dass Du da ein wunderschönes Stück erwischt hast.
Auch die Holzoberfläche scheint sehr wertig verarbeitet zu sein.
Zwei Fragen hätte ich:
1. Wie ist denn die Nachrüstung des UKW Teils gelöst? Man bräuchte für diese doch eigentlich eine zusätzliche Skala, wenn man das Gerät ursprünglich nur mit den AM Bereichen gekauft hat.
2. Wo werden denn das Band hin gespult, auf den Plattenteller? Muss man dann am Ende der Wiedergabe das ganze wieder zurück spulen bevor man das nächste hören kann?

Viele Grüße
Thomas

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#16 Beitrag von fnerstheimer » 07.03.2013, 09:53

hallo Thomas,

die meisten Radios ab der Währungsreform waren schon für UKW vorbereitet, hatten also schon einen UKW-Streifen auf der Skala und einen Platz am Wellenschalter bzw. an der Tastatur. Der UKW-Teil ist dann ein eigenständiger Tuner, der beim Schaub Supraphon an der Rückwand befestigt ist.

Wie das genau aussieht, kann ich ja nochmal fotografieren, wenn ich das Gerät für die Reparatur auseinandergenommen habe.

Der Draht wird in der Tat beim Abspielen und Aufnehmen auf den Plattenteller gewickelt, und muss danach wieder zurückgespult werden. Das geht aber schneller, als es sich anhört. Man kann auch gleichzeitig eine Platte spielen, und diese auf Draht aufnehmen.

Gruss Frank
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#17 Beitrag von fnerstheimer » 21.06.2013, 13:37

hier nochmal was zum Sonderklasse Plattenspieler von PE:

http://www.nerstheimer.de/bilder/pe_son ... 52_web.pdf

Hier sind auch alle Fragen beantwortet, wer denn nun das Magnetsystem erfunden hat :-) .

Um das Ganze richtig einsortieren zu können, muss man überlegen, dass dieser Plattenspieler zu einer Zeit entwickelt wurde, wo man noch Grammofone aus deutscher Produktion kaufen konnte, und der normale Plattenspieler, der fürs breite Volk ein Luxusgegenstand war, noch mit Stahlnadeln oder TO1000 - Abtaster daherkam.

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#18 Beitrag von fnerstheimer » 06.01.2014, 10:33

mal wieder was Uraltes, was mir durch Zufall über den Weg gelaufen ist:

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Gefunden auf dem Dachboden im Haus des Erstbesitzers. Dieser hat sich den Fernseher zur Fußball WM 1954 gekauft.

Leider hat der Bildröhrenhals und die zugehörige Fassung einen Schlag bekommen, aber Ersatzteile liegen schon bereit. Wir wollen versuchen, den Fernseher bis zur Fußball WM 2014 wieder spielbereit zu haben, um uns stilecht zum 60-jährigen Geburtstag des Fernsehers das Endspiel damit anzusehen.

Gruß Frank
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#19 Beitrag von cnorholz » 06.01.2014, 11:07

hallo frank!

wirklich ein schönes stück, aber wohl auch eine menge arbeit damit verbunden. ich wünsche dir viel erfolg bei der belebung des 1956ers.

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#20 Beitrag von Rainer Hebermehl » 07.01.2014, 17:50

Hallo Frank, alter " Fremdgeher",

sauber, hätte ich auch nicht stehen lassen !

Diese Kisten waren früher eine Reparaturstrafe. Ohne separate Bildröhre und Adapterkabel wären wir aufgeschmissen gewesen . ( Werkstatt Radio Diehl in Frankfurt ). Aber so waren damals alle aufgebaut. Denke dran, wenn die Kiste wieder läuft und die Bildröhre flau ( verbraucht) ist, statt 6,3 Volt Heizung bis auf 8 Volt gehen.

Ich denke, Ersatzröhren 80er Serien wirst Du haben, wenn nicht, sag' Bescheid.

Viel Erfolg,
Rainer

PS.: Über Regeltrafo hochfahren !
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#21 Beitrag von fnerstheimer » 08.01.2014, 01:18

hallo Rainer,

in den nächsten Tagen hole ich eine MW43-64 mit Fassung von einem Leidensgenossen ab. Diese Röhre ist geprüft und garantiert noch nicht flau. Das mit der erhöhten Heizspannung kenne ich auch noch von früher. Kennst Du auch den Trick, diese vom Zeilentrafo zu holen? Eine Windung Klingeldraht um den Trafokern gab etwa zwei Volt, und die Zeilenendstufen in Röhrentechnik steckten die zusätzliche Last eigentlich immer gut weg.

Für die Restaurierung habe ich mir überlegt, einen Hilfsrahmen aus Dachlatten zu zimmern, eine Art Gehäuse ohne Seitenwände. Dies hat sich schon bei Radios hervorragend bewährt.

Das Lustige war noch - ich sass schon halb im Auto, da fragte mich der Verkäufer, ob ich auch Interesse an einem alten Radio habe. In Erwartung eines Allerweltsgerätes aus den Fünfzigern bin ich mit in den Keller gegangen, und habe einen Philips Oktodensuper von 1935 als Zugabe bekommen:

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Da wäre doch jetzt ein Braun Cosmophon passend, oder?

Gruss Frank
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#22 Beitrag von mike1962x » 08.01.2014, 02:06

Ich kann's mir nicht verkneifen..ist zwar OT..
Mmmh der alte Radio Deal ;-) ich war da gern als jugendlicher drin, am stöbern und staunen, und die Werkstatt im Hinterhof der Königsteiner.. hatte was.
Da hab ich, vom Geld aus meinem ersten Ferienjob, meine erste AKAI-Stereo-Anlage gekauft, die läuft immer noch, War jetzt gut 20 Jahre eingemottet. Braun war damals für mich unerreichbar..eine Illusion.
Und nun kannste dort im 1 Euro-Shop ein paar Adapter Kaufen ;-)
Und beim alten German gibts Baseball-Kappen.

So wandelt sich halt (leider) alles.

Sorry, wenn ich den Thread jetzt zerpflücke, .... aber schön warns die Zeiten.
Denke da gern dran zurück.

Gruß Mike

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#23 Beitrag von fnerstheimer » 08.01.2014, 09:12

ich glaube, viele vermissen die Zeit, wo die Städte noch ein Raum zum Entdecken waren. Ich glaube mittlerweile auch nicht mehr daran, dass echter Konkurrenzkampf zum Ausbluten der Städte geführt hat.

Die letzte Branche, bei der die Fachhändler ausgerottet wurden, waren in Dortmund die Buchhändler. Da hat man es richtig gemerkt, dass im Vorfeld Politik gemacht wurde. Noch als die Mayersche im Rohbau stand, machten schon langsam alle Buchhandlungen zu, bis auf eine, die von der Größe mit der Mayerschen mithalten konnte und bei den Dortmundern sehr beliebt war. Diese trug dann wenige Wochen später auch den Schriftzug der Mayerschen, und ein Jahr später war sie Geschichte. Das ging alles so klaglos und glatt über die Bühne, dass sogar in der Tageszeitung hinterfragende Kommentare zu dem Deal zu finden waren. Heute gibt es die Thalia, die Mayersche und Weltbild, statt Fachverkäufern laufen da Leute rum, denen man das Wort Computer buchstabieren muss, bevor sie es in ihr Terminal eingeben, und das sich in vielen Dingen überschneidende Angebot in den Läden lässt vermuten, dass die "Konkurrenz" genauso aussieht wie bei Saturn und Mediamarkt.

Bei den Radio- und Fernsehfachhändlern kann es eigentlich auch nicht der Preiskampf gewesen sein, denn Saturn ist ja nicht wirklich billig. Aber da lief es damals ganz genauso - Saturn kam, die anderen gingen, ohne Murren und Knurren und ganz leise. In Dortmund sitzen in den ehemaligen HiFi-Läden heute irgendwelche Modeketten, oder die Gebäude sind einfach weg. Für Ein Euro Shops ist scheinbar die Miete zu hoch.

Jetzt habe ich den Thread auch gesprengt.

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