Modifikation PS350

Alle Braun HiFi-Plattenspieler ab dem PCS 5
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Redack
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Modifikation PS350

#1 Beitrag von Redack » 24.12.2014, 16:55

Sicherlich habe ich in den Augen der meisten User in diesem Forum gefrevelt als ich vier PL 350 vollkommen demontierte, sie dann mit allen meinen Erkenntnissen und Erfahrungen über Plattenspieler neu aufgebaut habe um zu sehen, zu was für qualitative Leistungen sie fähig sind.

Es hat mich selbst höchst überrascht und ich glaube es ist berichtenswert.

Aber der Reihe nach:

In den 70ern habe ich eine Braun Kompaktanlage P308 mit dem PS350 gekauft und etliche Jahre damit zufriedenstellend gehört. Als meine Ehe auseinander ging behielt meine Exfrau die Anlage und ich kaufte die aktive Anlage mit CES 1020 und LV 1020 mit einem PS450.

Nach einigen weiteren Jahren las ich zu viel Hifi Zeitungen und kam auf den High End Trip. Alles von Braun verscherbelt, hatte über ein Dutzend verschiedene namhafte Dreher und bin schließlich beim Amazon Referenz Laufwerk mit Akku und Einpunkt gelagertem Immedia Arm RPM 2 und einem sehr guten Lyra TA hängen geblieben.

Höchst gepriesen von meinem Hifi Händler freute ich mich auf angenehme Hörstunden und war 11 000,- DM ärmer.

Aber irgendwie kam es nicht so. Damals wusste ich auch noch nichts vom Timing. Aber ob es sauber abgetastet wurde, das hörte ich. Mein sehr bemühter Händler kam gerne einige Male, justierte 3 mal nach und murmelte schließlich etwas davon, dass ja auch nicht alle Platten gut geschnitten wären.
Okay, konnte sein dachte ich. Besonders fiel es bei der Limited Edition von Alto: Solti mit dem orchestra of the royal opera house covent garden (Rossini, Semiramide, Overtüre) auf.
Was kleinste Verzerrungen angeht habe ich ein sehr feines Ohr und es stört mich stark.

Seinerzeit habe ich mich damit abgefunden und auch aus beruflichen Gründen wenig gehört. Vor etwa 10 Jahren wurde meine Arbeit etwas ausgeglichener und ich überlegte, ob ich nicht selbst einen guten Dreher bauen könnte.

Nach etlichen Jahren und Anläufen hatte ich ein Masselaufwerk mit 40 kg Granitteller angetrieben von einem 130 W Synchronmotor über einen hauchdünnen String (Nähseide) und Carbon Tonarm fertig gehabt. Das Tellerlager musste ich auch selbst bauen.
Es sollte geräuschlos sein und mit den 40 kg sehr leicht laufen. War gar nicht so einfach.

Schließlich war ich soweit, sodass die Leerlaufzeit von 33 U bis Null bei 7 Minuten lag (ohne String).

Dann kam der erste Schock:
Spaßeshalber legte ich die oben angesprochene Scheibe auf den Dreher – und siehe da – keine Verzerrung!
Alles hörte sich sehr sauber an mit einem guten Timing. Es machte wieder Spaß Platte zu hören.

Also meine tolle High End Kombination schnell verkauft. Ich war auf die Audio Zeitungen, die Werbung und meinen Hifi Händler reingefallen.

Jetzt komme ich zum eigentlichen:

Vor 2 Jahren meldete sich meine Exfrau, die Kompaktanlage wäre kaputt, ob ich sie wieder haben will.
Der Motor rasselte. Also demontiert. Es war nur der Polyamidkern innen lose (vermutlich altersmäßig geschrumpft). Mit 2K Kleber eingesetzt und lief.
Da der Dreher ausgebaut war und ich gern experimentiere habe ich die alten DIN Kabel ausgetauscht, ein Nagaoka System eingebaut und ihn auf eine vernünftige Base gestellt.

Es hörte sich zwar sehr mulmig und bescheiden an, aber zwei Bereiche fielen auf:
Keine Verzerrungen und das Timing war sehr gut.

Nun war natürlich mein Interesse geweckt:
Tonarmkabel gegen Nagaoka TC-111 ausgetauscht, den Tonarm komplett befreit, ein sehr gutes Cinchkabel direkt an das Nagaoka angelötet, die Chassisfedern ausgebaut, eine Stringentkoppelung eingebaut, das Chassis entdröhnt und noch so ein paar Kleinigkeiten.

Das war schon richtig gut!

So sieht er nach weiteren Modifikationen aus:

Bild

Nun gab es kein Halten mehr. Die nächsten defekten Dreher besorgt, alles demontiert und einen komplett neuen Dreher mit Acryl Plattenteller aufgebaut. Beibehalten habe ich den Reibrad Antrieb, das Tellerlager und den Tonarm.

Das ist das Ergebnis:

Bild


Bild


Die Laufwerksbasis und die Tonarmbasis sind aus verleimten Buchen Multiplexplatten gedreht, die Entkoppelung unter der Basisplatte geschieht durch 5 einzelne Stringfüße. Darunter noch eine 8 cm starke Granitplatte. Der Tonarmlift von Thorenz, das Antiskating mit Lager und Gewicht.

Bezüglich der Optik ist noch einiges zu tun und ich muss ihn für die Endlackierung auch noch mal demontieren. Aber es macht soviel Spaß damit Musik zu hören, ich konnte es noch nicht.

Selbst mit einem Denon DL 103 und passendem Vorverstärker entfaltet er sich bereits sagenhaft.
Absolut sauber, sehr dynamisch, sehr gutes Timing und einen Bühnenaufbau das ist manchmal unglaublich.
Bei Opern schaut man in die Bühne hinein, 10 bis 20 m Raumtiefe, bei Jazzaufnahmen tritt der Solist weit nach vorne raus. Eine Bigband fesselt einen gnadenlos.
Ein Feingeist, allerdings demaskiert er schlechte Aufnahmen auch schonungslos. Für die ist die erste oben gezeigte Modifikation mit Gummimatte wesentlich besser geeignet.

Also betreibe ich beide.

Ich habe schon einiges an hochpreisigen Laufwerken und Tonarmen gehört und behaupte einfach mal:
Besser war es nicht als dieser Dreher mit den Braun Grundelementen wie Tonarm, Lager und Reibradantrieb.
Einfach genial.

Nachträglich ein großes Lob an die Entwickler und Ingenieure von Braun aus den 60er und 70er Jahren.
Entsprechend dem Stand der Technik war es einfach nur gut.

Habe sogar mein Monsterlaufwerk mittlerweile demontiert, dieser kann es besser.

Der Bericht ist ein bisschen lang geworden, aber sonst kann man wohl meine Freude und meine Beweggründe nicht verstehen.

Allen ein frohes Weihnachtsfest

Gruß

Michael

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