CSV60/1 Koppelkondensator mit Gleichstromproblemen

Receiver und (Vor-)Verstärker außerhalb atelier/regie/slim line
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Jens
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CSV60/1 Koppelkondensator mit Gleichstromproblemen

#1 Beitrag von Jens » 01.03.2014, 23:14

Hallo Röhrenfreunde,

wie der Titel schon vermuten läßt, hatte ich einige Probleme mit meinem Röhrenverstärker...
Angefangen hatte es nach einem Tagesbetrieb von einigen Stunden, als sich aus meinen engl. Studiomonitoren urplötzlich ein hohles "Fauchen" löste, das sich immer deutlicher artikulierte und von Piano zu Forte wechselte. Das ganze überlagerte die Musik bis es letztendlich unkontrolliert geknallt hat.
Meine Reaktion kann man sich sicher vorstellen - "Atelier R4 erprobt", hechtete ich wie der Blitz zum Verstärker und habe den Netzschalter ins "Aus" geworfen und vorsichtshalber den Netzstecker gleich mit gezogen. Die Geräusche erstarben dann langsam (Restspannung in den Elkos).
Der erste Gedanke der wie ein Alptraum auf einem altgedienten CSV60/1 Besitzer lastet ist... : "Jetzt hat es Deine Überträger in den Abgrund gerissen". Keine schöne Vorstellung.

Folgende Annahmen habe ich als wahrscheinliche Ursache ins Auge gefasst:
  • 1. Irgendwo im Vor- oder Endstufenbereich könnten einer oder mehrere Koppelkondensatoren eingegangen oder Leckströme entwickelt haben. Dies wäre ein klassischer Fall sich innerhalb kürzester Zeit weitere Komponenten im Signalweg und letztendlich die Überträger zu schießen...
    2. Das Netzteil (Greinacher Schaltung), welches von mir revidiert wurde, könnte kalte Lötstellen oder sogar mechanische Brüche entwickelt haben (wäre ein dicker Fehler meinerseits).
    3. Niederfrequentes Pumpen durch einen schwingenden Verstärker (Boating)
Auf dem Meßplatz angekommen habe ich den Verstärker kurz mit zugedrehten Pegel-/LS-Stellern ohne Signal an den LS Ausgängen durchgemessen. Das Ergebnis war ernüchternd, da sich nach kürzester Zeit im Überträger ein ungesundes "Ploppen" einstellte, das fatal an Überschläge erinnert. Die Sinusanzeige des betroffenen Kanals auf dem mitlaufenden Oszi verließ dabei vorübergehend die Anzeige und konnte auch bei entsprechender Umschaltung auf höhere Spannungen kaum eingefangen werden. Sehr viel Gleichstrom im Signalweg!!! Ich habe den Verstärker sofort danach vom Netz getrennt.

Zwischenzeitlich habe ich die Kiste geöffnet und prophylaktisch die Vorstufe von der Endstufe aufgetrennt um ein mögliches Probem mit einem Koppelkondensator in der Vorstufe nicht auf die Überträger und die Endröhren durchschlagen zu lassen.
Nach ersten Messungen am LS Ausgang ohne Vorstufe traten keine Probleme auf. Daraufhin habe habe ich den PC Line out in die Endstufe eingeschliffen (gelötet) und das Signal aus dem PC langsam hochgefahren (der LS-Poti des CSV60/1 ist durch die Auftrennung überbrückt).

Das Ergebniss o.Vorverstärker:
Ein perfektes Signal, keine Störgeräusche, deutlich weniger Klirr + Rauschen als mit Vorstufe... Also alle in Ordnung mit der Endstufe... Habe mir hier erst mal ein Glas Rotwein eingeschenkt und mir zugeprostet... 8)
Bild Bild

Also sitzt der Wurm im Vorverstärker...
Die Diagnose ist eigentlich schnell erledigt, wenn man weiß wo man suchen muß und einen Schaltplan sowie das Platinenlayout besitzt. Im Bereich von Röhre 3(a) bin ich fündig geworden und muß meinem Verstärker Respekt zollen, das er diesen Defekt weggesteckt hat. Der Koppelkondensator C211 (Erofol II 0,1uF/400v) im Signalweg leckte gewaltig!
Statt 0,01mV wie im Nachbarkanal, pulsierten hier die Gleichspannungen bis zu 28V :shock: Das Pulsen im Stakkato-Takt war übrigens im Ergebnis auch das was in dem betreffenden Überträger zu hören war.
Bild Bild Bild Bild Bild

In meinen Beständen befinden sich einige NOS ERO KT 1801 (0,1uF/400V) die ich in beiden Kanälen als Ersatz eingesetzt habe.
Bild

Nachmessungen zufolge arbeiten beide Kondensatoren wie gewünscht und die Arbeitspunkte der betreffenden und nachfolgenden Röhrenstufe sind stabil. Der Leckstrom ist verschwunden.

Jetzt rennt der CSV60/1 wieder in meinem Arbeitszimmer (5std.) und scheint keine Spätfolgen zurückbehalten zu haben. Ich klopfe da mal auf Holz... :wink:

Gruß, Jens
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#2 Beitrag von Racing » 02.03.2014, 10:02

Good to hear you nailed the problem that fast.

As for the older German made coupling caps,yes..they are often shot or on the verge of being these days.
On the other hand,they have by any measure seen approx 50yrs of service by now so... No wonder if you ask me.

As i work on many an old German made guitar/instrument/PA/Bass amp this is basically standard operational to me.
It is VERY common for the by now old Wima,Erofoil and what have you to have developed leakage.
Many of the techs out there therefore recommend for instance old "Mustards" by Mullard,Philips and what have you not buuuuuuuuut...to be honest when one starts to reference measure them by now just as old caps..they might not be leaking but are almost always WAY off as far as capacitance. Which..in my opinion is to be expected. Nothing lasts forever.

If you want good quality axials the name that comes to mind to me at least is Icel. Icels "yellow series" 680V ones are good,albeit half expensive,coupling caps in my opinion.
FWIW i use them in most of the really highend builds i do. Expensive..but worth it. These also come in a close tolerance series,which is more expensive still. To be honest though i doubt the usefulness of such in a tubeamp.

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#3 Beitrag von Jens » 02.03.2014, 15:19

Hi Jesper,

das Problem war tatsächlich relativ schnell eingekreist und repariert. Ich bin schon froh das Boxen und Überträger das schadlos hingenommen haben...
Racing hat geschrieben:As for the older German made coupling caps,yes..they are often shot or on the verge of being these days.
On the other hand,they have by any measure seen approx 50yrs of service by now so... No wonder if you ask me.
Da kann ich Dir nur zustimmen. Es ist allerdings das erste mal, das einer der Kopplungskondensatoren den Dienst in meinem Verstärker eingestellt hat. Für einen CSV60/1, den ich mal zu dem Kreis der am intensivsten genutzten Exemplaren zähle (läuft bei mir täglich für ein paar Stunden und dies seit Jahrzehnten 8) ), bin ich bis jetzt von dieser Art Problemen verschont geblieben. Aufgrund der Laufleistung stimme ich Dir jedoch zu, das ich in absehbarer Zeit eine umfassende Revision durchführen muß.
Racing hat geschrieben:Many of the techs out there therefore recommend for instance old "Mustards" by Mullard,Philips and what have you not buuuuuuuuut...to be honest when one starts to reference measure them by now just as old caps..they might not be leaking but are almost always WAY off as far as capacitance. Which..in my opinion is to be expected. Nothing lasts forever.
Stimmt, das habe ich auch schon erlebt. Meine ERO KT 1801 habe ich jedoch auf Kapazität geprüft und nach Einbau auf der Vorverstärkerplatine im "Lehrlauf" (keine Verbindung zur Endstufe) einige Stunden laufen lassen. Die Werte sind stabil aber es ist klar, das ein solches NOS Teil das ebenfalls ca. 40-50 Jahre auf dem Buckel hat, nicht haltbarer sein muß als der Rest der noch originalen Koppelkodensatoren (ERO FOL II). Ich werde Sie im Auge behalten. Schaun wir mal...
Racing hat geschrieben:If you want good quality axials the name that comes to mind to me at least is Icel. Icels "yellow series" 680V ones are good,albeit half expensive,coupling caps in my opinion.
Danke Dir für den Tip. Ich kannte ICEL bisher noch nicht, habe mir jedoch im Internet einen kurzen Überblick verschafft. Es ist ein italienischer Hersteller (Mailand) mit offensichtlich guter Reputation in der Scene. Werde ich bei meiner anstehenden Revision berücksichtigen.

Gruß, Jens
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#4 Beitrag von v/d/b » 02.03.2014, 16:14

Moin Jens,
wenn es was aus "lokaler Produktion" sein soll, kannst Du Dich auch mal nach Kondensatoren von Electel umsehen.
In meinem gerade fertig gewordenen CV 11 habe ich MKPs dieses Herstellers verbaut.

Viele Grüße
Thomas

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#5 Beitrag von Jens » 02.03.2014, 23:00

Hi Thomas,
danke für den guten Tipp. Ich habe mir gerade die Electel Website mit Ihrer Vita durchgelesen. Das hört sich gut an. Ich würde Dich gerne noch einmal kontaktieren, wenn es mit meiner Revision losgeht.
Gruß, Jens
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#6 Beitrag von v/d/b » 03.03.2014, 20:15

Hallo Jens,
klar kannst Du mich zur Revision fragen. Allerdings gibt es hier im Forum einige, die deutlich mehr Erfahrung mitbringen und einen fachlichen Hintergrund haben. Wenn ich kann, helfe ich aber gerne.
Die Electel Kondensatoren habe ich übrigens hier bestellt.

Viele Grüße
Thomas

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