L3

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braunfreund
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L3

#1 Beitrag von braunfreund » 03.11.2013, 12:10

Gerätetyp: Standlautsprecher (zu Steuergerät studio 1)
Baujahr: 1957/58
Stückzahl: 500
Damaliger Preis: 1040 DM inkl. Steuergerät studio1 (Einzelverkauf nicht vorgesehen)
Design: Hans Gugelot
Technisches Konzept: Gerhard Lander (Uni Frankfurt/M.)
Abmessungen: 100x71x48 cm, Gewicht ca. 40 kg
Materialien: Holzgehäuse Nussbaumfurnier, hochwertige Verarbeitung
Standbeine: Stahl- Vierkantrohr 25x25mm,grau lackiert, mit Langlöchern abnehmbar
Deckplatte: Spanplatte 19mm, Oberseite weiß folienbeschichtet
Lautsprechergitter: Maschendraht- Geflecht Stahl, grau lackiert

Lautsprecher: 1 Tiefmittelton- Lautsprecher 30cm Durchmesser, vier Hochton- Lautsprecher 10cm
Impedanz: 15 Ohm
Maximale Belastbarkeit: 15 W
Frequenzbereich: 30-18000 Hz

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Der L3 zählt zu den heute nur noch wenig bekannten Braun- Produkten, zumal er in seinem eher traditionell- wohnlichen Nussbaumholz nur wenige Elemente des neuen Braun- Designs zur Schau trägt. Hans Gugelot hat ihm immerhin die damals aktuellen Stahlrohrbeine und eine weiße Beschichtung der "Tischplatte" vepasst. Der Name "Braun" ist auf dem Gerät nirgendwo zu entdecken, ich habe auch kein Typenschild (wie etwa beim L1) entdeckt.
Der L3 erinnert an heutige Produkte aus dem Edel- HiFi- Laden, und für damalige Verhältnisse war er auch "High-End". Mit dem "studio1" setzt er den Schlusspunkt der Mono- Ära, bevor 1958 die Stereo-Schallplatte kam (obwohl nichts dagegen spricht, mit zwei L3 auch Stereo wiederzugeben...).
Der L3 ist das Ergebnis eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes. Professor Dr. Gerhard Lander hatte 1950 am Institut für angewandte Physik dre Universität Frankfurt über "Analogien zwischen elektrischen und mechanischen Schaltungen" promoviert. Ab 1952 entwickelte er für Braun für die Elektronenblitze der "hobby"- Baureihe. Er entwickelte auch den L3. Es stand wohl die Anforderung im Vordergrund, einen Lautsprecher zu entwickeln der nach Möglichkeit das ganze hörbare Tonspektrum frequenzunabhängig und verzerrungsarm wiederzugeben. Bezüglich Größe und Materialaufwand wurde ihm dabei ziemlich freie Hand gelassen.
Die Box besteht aus ca. 20mm starken Holzplatten, die alle "schiefwinklig" zueinander stehen, das verhindert Resonanzstellen durch stehende Wellen im gehäuse. Rechte Winkel verden vermieden, wo immer es geht.

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Vorn eingebaut ist ein 30cm- Lautsprecher Wigo PM300/37CB der Fa. Gottlob Widmann, Schwenningen, mit weicher Membranaufhängung in einer Sicke aus imprägniertem Gewebe (lt. Produktbeschreibung Glasfasergewebe):

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Der Lautsprecher ist von der Außenseite her eingebaut,, den Ring mit dem Gitter konnte ich nicht lösen. Dennoch ist über die Schallaustrittsöffnung eine Innenaufnahme möglich (das Holzgehäuse lässt sich nicht öffnen, vollverleimt!).

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Mit dem Druckgusskorb wirkt der Lautsprecher sehr hochwertig, da wurde nicht gespart. Wahrscheinlich sind die Lautsprecher des L3 alle Sonderanfertigungen, das gilt auch für die Hochtöner (Wigo HPM95/12WT) die zu viert als "Fächer" an der "Tischplatte" aufgehängt sind, um den die Bündelung bei hohen Frequenzen zu reduzieren und den Abstrahlwinkel zu vergrößern. Vielleicht ist die Stückzahl von 500 L3 durch eine Mindestabnahmemenge der Fa. Wigo bedingt. Die Lautsprecher sind mit den Magneten in Holzklötzen eingespannt, ihre Position ist nicht veränderbar.

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Elektrisch sind sie in Reihe geschaltet mit zwei 10 µ- Elkos, die auch heute noch volle Kapazität haben. Die Membranen haben wieder Gewebebeschichtung:

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Und wie klingt dieser Koloss, der immerhin einen halben Quadratmeter Wohnfläche beansprucht ? Ich bin leider nicht im Besitz der "grauen Eminenz" studio1, aber der nächste Verwandte ist ein älteres "atelier1" in Monoausführung mit Chassis RC62B und 7W- Gegentaktendstufe (Endröhren 2xEL95). Die paar Wättchen machen dem L3 ordentlich Beine, der akustische Wirkungsgrad ist einfach beeindruckend. Orgelbässe bis herunter zu 32 Hz oder heutige Techno/Electro- Beats lassen die Luft vibrieren, und Gesangstexte versteht man aufgrund der klaren, differenzierten Hochtonwiedergabe sehr gut. Auf elektronisch erzeugte Impulse reagiert die Box jedoch schwammig, die Luftsäule muss erst einschwingen. Damals kam Musik fast nur von akustischen Instrumenten. Dennoch sage ich: Der Klang einer guten 70er Jahre Box mit Kalottensystemen mit dem Bassfundament eines heutigen aktiven Subwoofers. Die Unzulänglichkeiten des simplen Plattenspielers PC3 werden in Form von Rumpeln, Knistern und Verzerrungen schonungslos zu Gehör gebracht.
Es ist erstaunlich, welch weiten Frequenzbereich der auch das "Dampfradio" RC62 überträgt, gleichzeitig rausch- und brummarm. Man sollte den Lautsprecherausgang auf die rechte unbenutzte Lötöse am Ausgangstrafo umklemmen, dann stimmt die 15 Ohm- Anpassung. mit 5 Ohm Ausgängen geht's nicht so gut. Man sollte auch keine leistungsstarken Transistorverstärker anschließen, der Einschalt- Plopp hat mir die Membrane gegen das Frontgitter geschlagen.

Ungewohnt ist allerdings, dass man von dem großen Lautsprecher direkt "angesprochen" wird, er gibt die Mitten bis ca. 3,5 kHz wieder, ohne Mitteltonsyteme, das würde heute kein Boxenkonstrukteur mehr machen.

Mit freundlichen Grüßen

Lutz[/b]

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BrAms
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#2 Beitrag von BrAms » 04.11.2013, 12:05

Hallo Lutz,

eine sehr schöne und interessante Darstellung :) .

Gruß Harald
'BrAun-atelier'
It's only Rock 'n' Roll, but i like it,

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Siko
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Re: L3

#3 Beitrag von Siko » 13.11.2014, 20:14

Hallo Lutz,

vielen Dank für Deinen Beitrag,

der Ring mit dem Gitter beim Tieftöner hat ein "Drehverschluss", also nur von aussen kräftig gegen den Uhrzeigersinn drehen, dann müsste er sich lösen,

Viele Grüsse,

Sigi
Wäre ja langweilig, wenn nix kaputt ginge...

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