Hallo Gerhard,
zunächst möchte ich Dich zu Deinem wirklich gelungenen Projekt beglückwünschen. Es ist toll, dass Du die beiden Lautsprecher-Kits (die einzigen damals angebotenen Selbstbausätze von Braun) gut 40 Jahre später nun zu einem "richtigen" Boxen-Leben erweckt hast. Auch die bebilderte Dokumentation ihres Entstehens hätte Dir kaum besser geraten können.
Du schreibst, dass das Klangbild zwar in etwa der Beschreibung der zeitgenössischen Werbung entspricht, nämlich ein "volles, aber transparentes Klangbild von angenehmer Natürlichkeit" produziert, die Basswiedergabe sich jedoch etwas "pumpend" anhört. Meinst Du das im Sinne von etwas "schwammig" oder "unpräzise"?
Braun dämmte und dämpfte seinerzeit seine Lautsprechergehäuse wie die meisten Hersteller mit Mineralwolle, welche zugegebenermaßen für diesen Zweck auch die akustisch besten Eigenschaften bei gleichzeitig günstigen Beschaffungs- und Einbaukosten mitbringt.
Sie besitzt ein relativ hohes spezifisches Gewicht, ist luftdurchlässig und ihre Fasern sind irregulär angeordnet wie auch von unterschiedlicher Länge. Das zusammen bedeutet hinsichtlich ihrer Dämpfungseigenschaften eine hohe Wirksamkeit über einen weiten Frequenzbereich.
Gerade zur Dämpfung tiefer Frequenzen ist eine möglichst hohe Rohdichte des Dämmaterials erforderlich, ebenfalls zur Gehäusedämmung bei mittleren Frequenzen. Letzteres wird hauptsächlich durch die Dämmatten bewirkt, die direkt an den großflächigen Gehäusewänden (Rück- und Seitenwände) angebracht sind. (An dieser Stelle wären allerdings schwere Bitumenmatten nochmal viel wirkungsvoller.)
Die Mineralwolle reduziert neben ihren guten, breitbandigen Dämmeigenschaften auch deutlich die Schallgeschwindigkeit im Gehäuseinneren und bewirkt damit die Vergrößerung des relativen (akustisch wirksamen) Gehäusevolumens, was die untere Grenzfrequenz noch etwas nach unten verschiebt.
Mit der Vergrößerung des Gehäusevolumens geht auch eine Verringerung der Gesamtgüte des Systems einher. Die geringere Güte dämpft die Ein- und Ausschwingvorgänge der Lautsprechermembran und bewirkt dadurch bessere Sprungantworten, was letztlich zu einer präziseren Basswiedergabe führt. Dieser Aspekt, zusammen mit einem relativ hohen spezifischen Gewicht des Dämmaterials, würde den von Dir beschriebenen "pumpenden" Bass gewiss wieder etwas "korrekter" erscheinen lassen.
Man kann aber auch des Guten zu viel machen. Eine Überbedämpfung führt ebenfalls zu einer schlechten Wiederabe. Ein stumpfes, gepresstes Klangbild, besonders im Grund- und Mitteltonbereich, ist dann die Folge. Das ausgewogene Maß zu finden, kann hier (ohne entsprechende Messeinrichtungen) nur über das Gehör erfolgen und bedeutet auch ein wenig "Feintuning". Ein bisschen Experimentierfreude und Geduld führen aber mit Sicherheit zum guten Erfolg.
Was allerdings (neben der unangenehmen Verarbeitung) die gesundheitlichen Risiken des Materials "Mineralwolle" angeht, weiß man es heute etwas besser als noch in den frühen 70ern. Glücklicherweise gibt es heute Alternativen hierzu, die sowohl vom Aufwand, von den Kosten und natürlich ebenso von ihrem Ergebnis her durchaus gleichwertig sind.
Vor einiger Zeit stand ich auch vor der Frage: Dämmen? Ja, sicherlich! Aber womit? Ich glaube, dass ich für meine L715, mit denen ich nach wie vor sehr zufrieden bin, eine gute Lösung gefunden habe. Falls Du sie noch nicht kennst, hier ist ein
Link zum betreffenden Nachbarthread, s. Beitrag vom 02.06.2011.
Das war jetzt vielleicht ein wenig viel zu Dämmaterialien und ihre Auswirkungen geschrieben, aber mir selbst geht es meistens so, dass ich ermutigter an "uhh... gerade erst fertig geworden... schon wieder neue Arbeit..." gehe, wenn mir zuvor einigermaßen plausibel gemacht wurde, dass sich die Mühe vielleicht doch lohnen könnte.
Wenn Du dahingehend noch ein bisschen experimentieren möchtest (Schafwolle nicht vergessen), wünsche ich Dir dabei ein gutes Gelingen!
Viele Grüße
Heinrich