Hallo Othello,
ich hoffe, Du hattest trotz Deines Sorgenkindes SK 2/2 (oder 22?) ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest gehabt.
Gerne möchte ich versuchen, so gut ich kann ein wenig Licht in die Funktionsweise dieses kleinen Radios für Dich zu bekommen.
Zunächst zum AM-Empfang:
In den Nachkriegsjahren und bis weit in die 50er Jahre hinein, war man sehr erfinderisch, durch Schaltungskniffe die Anzahl der teuren Röhren nach Möglichkeit zu minimieren, was natürlich insbesondere für die kleinen, preiswerten Exemplare der Gattung "Rundfunkempfänger" galt.
So kam man auf die Idee, die für den FM-Empfang erforderliche Rö1 (ECC85) zumindest teilweise auch für den AM-Empfang mit zu verwenden und kreierte durch eine trickreiche Schaltung aus der ersten Hälfte dieser Röhre den AM-Oszillator. Dies in der für Oszillatoren in Rundfunkempfängern selten angewandten ECO-Schaltung. Mit dem (unterhalb von C4 dargestellten) Umschalter "U/M" wird in der Stellung "M" der abstimmbare Oszillator-Schwingkreis über C2 in die Oszillatorschaltung eingebunden.
Über C17 wird die Oszillatorfrequenz in das als zweites Steuergitter missbrauchte Bremsgitter von Rö2 eingespeist, so dass die EF89 als Mischröhre für multiplikative Mischung dient. Auf diese Weise wurde die zeitgemäße, aber teurere Verbundröhre ECH81 eingespart, bei der normalerweise das Triodensystem als Oszillator und das (für diesen Zweck auch konstruierte) Heptodensystem als Mischröhre fungieren würde.
Rö2 dient also einerseits zur Verstärkung der durch den HF-Vorkreis vorselektierten Hochfrequenz, die über den zweiten "U/M"-Umschalter ihrem Steuergitter und zugeleitet wird und andererseits, wie bereits erwähnt als Mischröhre. An deren Anode wird dann u.a. das ZF-Signal ausgekoppelt und mittels des Bandfilters (mit den Kondensatoren C41 und C42) selektiert. - Die Spulen haben leider alle keine Bezeichnung.
Rö3 ist alleine für die ZF-Verstärkung zuständig. Durch das folgende Bandfilter (mit den Kondensatoren C43 und C44) wird die Selektivität nochmals erhöht. Am sekundären Schwingkreis des Bandfilters folgt dann die Demodulation des ZF-Signals durch ein Diodensystem der EABC80 (Rö4, Pin 6+7). Die NF steht am "kalten Ende" des Schwingkreises an und wird in der Stellung "M" des vierten "U/M"-Umschalters über C33 ausgekoppelt und dem Steuergitter des Triodensystems von Rö4 zugeleitet, nachdem sie noch den dazwischen liegenden Lautstärkeregler W15 passiert hat.
Durch die Gleichrichtung des AM-ZF-Signals entsteht am Fußpunkt dieses Sekundärschwingkreieses neben der NF auch eine signalstärkeabhängige - und gegen Masse bezogen - negative Gleichspannung. Diese wird zum Zweck einer automatischen Verstärkungsregelung über W20, W19, W10 und den Spulen der dazwischen liegenden Schwingkreisen den Steuergittern von Rö2 und Rö3 zugeleitet. So wird mit wachsender Signalspannung die Verstärkung dieser beiden Röhren zurückgefahren.
Nun zum FM-Empfang:
Der AM-Ozillatorschwingkreis wird in der Stellung "U" des ersten "U/M"-Umschalters kurzgeschlossen.
Im FM-Betrieb dient die erste Hälfte von Rö1 der reinen Verstärkung des FM-HF-Signals. Breitbandig zwischen Kathode und Steuergitter eingekoppelt, steht dann an der Anode das verstärkte HF-Signal an. Die Induktivitäten der Drahtwiderstände W2 und W6 stellen für UKW einen so hohen Widerstand dar, dass das HF-Signal keine ungewollte Abschwächung durch die Widerstände erfährt. Die HF-Selektion erfolgt über den abstimmbaren Schwingkreis im Anodenkreis der ersten Hälfte von Rö1.
Die zweite Hälfte von Rö1 dient einerseits als FM-Oszillator und andererseits gleichzeitig als FM-Mischstufe; man nennt das daher auch "selbstschwingende Mischstufe". Das Oszillatorsignal wird am Osz.-Schwingkreis induktiv ausgekoppelt und zusammen mit dem HF-Signal ins Steuergitter eingespeist. Da hier sowohl das HF-Signal als auch das Oszillatorsignal einer einzigen Elektrode zugeführt werden, handelt es sich um eine additive Mischung.
Die FM-ZF wird an der Anode der zweiten Hälfte von Rö1 ausgekoppelt. Durch das 1. ZF-Filter (mit den Kondensatoren C16 und C19) erfolgt die erste ZF-Selektion, wonach es über den zweiten "U/M"-Umschalter in der Stellung "U" ins Steuergitter von Rö2 eingespeist wird. Die ZF-Verstärkung von Rö2 und Rö3 sowie die Selektion durch die nachgeschalteten Bandfilter erfolgt auf die gleiche Weise wie bei AM. Doch halt, nach Rö3 folgt kein normales Bandfilter, sondern ein Ratiofilter, das zusammen mit den beiden restlichen Diodensystemen der EABC80 (Pin 1+7 und 2+3) den FM-Demodulator in Form eines Ratiodetektors bildet.
Eine automatische Verstärkungsregelung ist bei FM nicht erforderlich, da man trotz der gewünschten, möglichst wirksamen AM-Unterdrückung bei größtmöglicher ZF-Verstärkung auf die gute Begrenzerwirkung des Ratiodetektors zählen kann.
Die Auskopplung der NF erfolgt dann über W13 (der zusammen mit C29 die De-Emphasis bildet) und den dieses Mal auf "U" stehenden vierten "U/M"-Umschalter in Richtung Steuergitter der Triode von Rö4, dessen Vorspannung statisch über den hohen Ableitwiderstand W18 erzeugt wird.
Mit der NF geht’s nach der Vorverstärkung hurtig weiter über C36 in Richtung Endstufe mit Rö5, wobei es noch gilt, am Höhenregler W16/C34 vorbeizukommen, mit dem man die hohen Tonfrequenzen mehr oder weniger abschwächen kann. W22 verhindert eine hochfrequente Schwingneigung der EL84 in dieser Schaltung.
Was mir auffiel und den unbedingten Sparzwang bei diesem Gerätchen auch bestätigte, ist die Verwendung eines Einweg-Gleichrichters in der Anodenspannungsversorgung. Hier mussten - wie auch an anderen Stellen - diesbezüglich doch einige Kompromisse eingegangen werden.
Ich hoffe, dass ich bei meiner Beschreibung so einigermaßen ein Mittelmaß zwischen notwendigen und nicht so wichtigen Erläuterungen eingehalten habe. Sollten aber noch Fragen offen geblieben sein, so werde ich gerne versuchen, sie zu beantworten.
Viele Grüße
Heinrich
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