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von henry2 » 03.07.2014, 09:37
Hallo Hartmut,
es freut mich, dass Du Besserung gelobst und hoffe, dass der Burgfriede wieder einkehrt, wenn sich diesbezüglich alle wieder ein bisschen Mühe geben.
Zur M90 und Deinen Überlegungen dazu: Ja, die Werbefuzzis mit ihren "Prospektbeteuerungen"... Die einzelnen Chassis in einer Lautsprecherbox sollten natürlich - wie so schön formuliert - alle phasengleich abstrahlen. Dies gilt aber grundsätzlich für alle (guten) Lautsprecher; oftmals gelingt es eher weniger gut.
Dadurch, dass eine 24dB-Weiche (wie auch eine solche mit 12dB/Okt.) die Phase um 180° dreht, der HT aber "verkehrt herum" angeschlossen ist, stimmt die phasengleiche Auslenkung seiner Membran mit denen der MT/TTs wieder überein. Diese laufen nämlich über einem Weichenzweig mit 18dB/Okt. und sind daher (wie auch bei einer Weiche mit 6dB/Okt.) phasengleich mit dem Eingangssignal. Man muss sie deshalb nicht "verkehrt herum" anschließen.
Was die Gesamtkonzeption der Box angeht, so ist sie mit Vor-, m.E. aber mit mehr Nachteilen verbunden. Vorteile sind,
- dass eine Übergangsfrequenz der Frequenzweiche im kritischen Bereich (z.B. von Gesangsstimmen) zwischen 300 und 800 Hz vermieden wurde
- dass durch die große Membranfläche ein guter Wirkungsgrad im Mitteltonbereich erzielt wird
Ein gewisser Stolperstein hinsichtlich der Bildung von Partialschwingungen - oftmals schon bei Frequenzen unter 2KHz - ist der relativ große Durchmesser von ca. 20cm. Er lässt sich aber durch einen etwas größeren Aufwand in der Membranbeschaffenheit beherrschen. Ob dieser Aufwand beim MT/TT der M90 getrieben wurde?
Die Weiche lässt auf jeden Fall erkennen, dass neben ihrem eigentlichen Zweck der Frequenztrennung auch Maßnahmen zur Linearisierung des Mittelton-Frequenzgangs getroffen werden mussten.
Grundsätzliche Nachteile bestehen zum einen in der physikalisch bedingten Schallbündelung aufgrund der großen Membran, deren Durchmesser schon bei 2KHz die Wellenlänge dieser abgestrahlten Frequenz deutlich übersteigt. Das führt hier bereits zu einer Schallbündelung, die bei steigender Frequenz immer mehr zunimmt. Zum andern bringt die für den Mitteltonbereich verhältnismäßig große Membran auch eine unnötig hohe Massenträgheit mit sich, welche die Wiedergabe kurzer Impulse nicht mit der wünschenswerten Anstiegszeit zulässt und dazu noch mit Nachschwingen verbunden ist.
Der von Dir angesprochene "SUB" ergänzt die Tieftonabstrahlung nach unten hin, da der MT/TT aufgrund seiner Konzeption (8Ω, mitteltonoptimiert) nicht in der Lage sein kann, den notwendigen, d.h. dem Mittelton angepassten Pegel im unteren Bassbereich zu liefern. Ohne den ging's also gar nicht. Rainer schrieb ja auch, dass diese Box insbesondere für den amerikanischen Markt entwickelt wurde. Dort mochte man es seinerzeit allemal unten herum etwas "saftiger", weshalb die Entwickler einer kräftigen Basswiedergabe wohl besondere Beachtung geschenkt hatten.
Das selbe Ziel in diese Richtung verfolgte übrigens damals u.a. auch die Firma Infinity. Sie stattete deshalb ihre Tieftonlautsprecher (bei kleineren Boxen die Tief-/Mitteltonlautsprecher) mit zwei Schwingspulen - eine mit 4Ω, die andere mit 2Ω - aus, wobei die 2Ω-Schwingspulen erst ab etwa 100-80Hz abwärts angesteuert wurden. Das sorgte dort nochmal für ordentlichen Schub (wenn man einen Verstärker mit entsprechend stabilen Endstufen zur Verfügung hatte).
Zurück zur M90: Ich würde mir eine Box, die nach diesem Prinzip konzipiert ist, aus besagten Gründen nicht bauen wollen.
Hoffentlich hat mein Beitrag nun nicht bei Dir und anderen Mitlesern zu gewissen Ermüdungserscheinungen geführt. Mich kürzer zu fassen ist mir nicht gelungen, obwohl ich schon vieles knapp gehalten habe, worüber man eigentlich mehr dazu hätte schreiben können/müssen. Lautsprecher gehören eben auch ein bisschen zu meinem Steckenpferd rund ums "Radio", und mein Interesse wird besonders dann geweckt, wenn es sich dabei um solche handelt, die ein wenig vom Üblichen innerhalb ihrer Gattung abweichen.
Viele Grüße
Heinrich